Koda Camp 2023

Geschrieben von Magdalena Grzyb

Anreise

Mit 60 Anmeldungen war das Koda-Camp komplett ausgebucht. Leider musste eine Familie die Teilnahme für das Kind kurzfristig absagen, so dass am 1. Camp-Tag 59 Kodas anreisten. Die Anreise verlief ein bisschen chaotisch, weil wir als Team nicht wussten, dass der Bad Honnefer Bahnhof nicht die beste Wahl war. Weil Züge zu spät kamen. Weil eine Straße gesperrt war und man diese großräumig umfahren musste. Weil ein Teamer nach Köln fahren musste, um 3 Kodas abzuholen, da sie beim Umsteigen in Köln in den falschen Zug gestiegen waren. Weil Coda. Aber am Ende des Tages waren alle Jugendlichen gesammelt im Haus Niedermühlen.

Nach 4 Jahren Corona-Pause waren die meisten der Teilnehmenden das 1. Mal beim Koda-Camp dabei. Wie so oft kommen die Kodas allein, mit Geschwisterkind oder mit 1-2 Freund*innen. Dieses Jahr gab es aber auch eine größere Gruppe, die sich bereits von einer anderen Freizeit kannten.

Die Stimmung innerhalb des Teams war gut und wir freuten uns sehr auf alle 59 Kodas. Bei den Kodas stießen wir auf gemischte Gefühle. Neben Freude und Neugier erlebten wir den ein oder die andere skeptische(n) Koda, denn er*sie „wollte eigentlich gar nicht da sein.“

Diesen Satz kennen wir sehr gut. Glücklicherweise verändern die Kodas diesen Satz im Laufe des Camps und sagen am Ende oft: „Ich wollte eigentlich gar nicht hier hin. Meine Mutter hat mich geschickt. Aber jetzt bin ich sehr froh und möchte nächstes Mal auch wieder dabei sein.“

Kennenlernen

Heute ging es darum, viele neue, unbekannte Menschen miteinander vertraut(er) zu machen. Nach vier Jahren Corona-Pause gab es nur noch einzelne Kodas, die schon Mal bei einem Koda-Camp dabei waren. Unsere Aufgabe bestand also darin, eine bestehende Gruppe aufzuweichen und in die Gesamtgruppe einzubinden ebenso wie viele schüchterne Kodas dazu zu bewegen, auf andere zuzugehen und sich behutsam zu „Öffnen“.

Die Wetterlage war – wie in der gesamten Woche – sehr unbeständig. Einen guten Moment abgepasst, sind wir raus auf das schöne Gelände gegangen, um unsere Team- und Kennenlernspiele durchzuführen. Eingeteilt in bunt gemischte Teams, wurden die Jugendlichen an verschiedene Stationen verteilt. Knoten entwirren, „Inselhopping“ auf engstem Raum, Wasserbombenvolleyball, Rätsel-Rallye und weitere Spiele wurden größtenteils mit Freude und Spaß gespielt. Wsserbombenvolleyball war allerdings der absolute Favorit und wurde noch mehrfach gespielt – wenn es das Wetter zugelassen hat…

Glücklicherweise hatten wir mit dem eigenen Schwimmbad, zwei Tischtennisplatten und vielen Gesellschaftsspielen die Möglichkeit, uns im Haus zu beschäftigen und zu bespaßen. Mit dem heutigen Tag und all dem begann das Kennenlernen der K/Codas.

Getrübt wurde der Dienstagmorgen leider durch einen unschönen Vorfall, der bereits Montag begann. Aufgrund von mehrfachem und schwerwiegendem Regelverstoß mussten wir einen Koda leider abholen lassen. Eine Maßnahme, die wir in den vergangenen Jahren nicht ergreifen mussten, die aber notwendig war. Wir als Team möchten betonen, dass wir respektloses Verhalten nicht dulden und stets wieder darauf zurückgreifen werden und Jugendliche abholen lassen. Wir hoffen, dass es eine Ausnahme war und nicht mehr vorkommen wird.

Workshops und Spiel

Unser Koda-Camp, welches von CODA d.a.ch. e.V. mitgetragen wird, ist eine Freizeit für Kodas im Alter von ca. 12 bis 18 Jahre (je nach Geburtsjahr). Es finden sich Jugendliche aus ganz Deutschland ein, wovon einige teilweise das Thema „Coda“ bereits kennen. Andere wiederum haben sich damit noch gar nicht auseinandergesetzt und/oder hören den Begriff zum ersten Mal. Aus diesem Grund nutzen wir als Team diese Freizeitwoche und bieten Workshops an, die sich mit dem Thema des Codaseins als auch den gehörlosen Eltern bzw. Erziehungsberechtigten beschäftigen.

Diese Auseinandersetzung mit dem eigenen Aufwachsen in einem bilingual-bimodalem (Eltern) Haus ist der „geheime Kernpunkt“ unseres Camps. Mit pädagogischem Know-how und diversen Methoden bringen wir die Kinder untereinander ins Gespräch und jede*n Koda ein bisschen näher an die eigene Identität. Die Gespräche unter den Kids ergänzen dies im Nachgang.

Mit dem Koda-Camp möchten machen wir bewusst, dass wir „anders“ aufwachsen und wir nur wenige Menschen haben, mit denen wir uns vergleichen und damit Identität aufbauen können. Diese „Andersartigkeit“ begleitet uns ein Leben lang. Die Auseinandersetzung damit ggt. auch. Und wenn man irgendwann zu alt fürs Koda-Camp ist, Kann man nahtlos zu den Coda-Wochenenden wechseln. Die Teamer*innen sind immer Erwachsene, die bereits mehrere Coda-Wochenenden besucht haben.

Dieses Jahr wurden unsere Workshops nicht so gut angenommen wie die Jahre zuvor. Dies halt uns aber nicht davon ab, weiterhin an den Workshops festzuhalten und diese interessierten Jugendlichen anzubieten.

Am Nachmittag gab es für die Jugendlichen wieder die Möglichkeit, sich spielend miteinander zu beschäftigen. Sobald es das Wetter zuließ, wurde das tolle Außengelände für Sport und Spiel genutzt. Das hauseigene Schwimmbad wurde neben den Gesellschaftsspielen wahrend der Regenphasen ebenso intensiv genutzt wie die „geliebte“ Schultafel und Sportgeräte.

Tagesausflug

Viele Jugendliche stehen nicht so gerne früh auf. Viele Erwachsene übrigens auch nicht. Doch manchmal gibt es Dinge, für die es sich aufzustehen lohnt. Mit den nötigsten Informarionen ausgestattet wurden die Kodas und das Team am frühen Morgen vom Bus abgeholt. Viele Jugendlichen hatten bereits die Ahnung, dass es ins Phantasialand ging; das Highlight der Woche.

Den ganzen Tag konnten die Kodas in Kleingruppen zu (mindestens) drei Personen im Freizeitpark Achterbahnen und Attraktionen ihrer Wahl nutzen und genießen. Vernutlich haben die Kodas dort auch fleißig das WLAN genutzt, da sie im Haus Niedermühlen fast keinen Empfang haben. Vielleicht gibt es sogar ein*e Koda, der*die deshalb gar nichts nutzte!? Wir werden es nie erfahren.

Voller Dopamin, Massen an Sußigkeiten und hunderte Liter Slush Ice später, waren alle glücklich und zufrieden, so dass das Geschnarche auch auf der Rückfahrt unüberhörbar war.

Einfach mal wieder Kind sein.

Ein toller Tag voller Glück und Freude. Das durchwachsene Wetter war heute sch***egal. Und das ist auch gut so, denn prinzipiell gibt ja kein schlechtes Wetter sondern nur schlechte Kleidung.

Chill, Grill & Bye-Bye-Party

Eine Woche… zack, vorbei. Gerade dann, wenn man „warmgelaufen“ ist, muss man schon wieder heim. Zurück in den Alltag und ohne den Flair, den man eine Woche unter Gleichgesinnten spürt.

Am Vormittag fanden sich die gleichen Kleingruppen der Workshops wieder zusammen, um die Woche zu reflektieren und um Ruckmeldung zu geben. Gleichzeitig schauen wir uns als Team an, wie die Kodas sich im Laufe der Woche entwickelt haben. Mit deren Rückmeldungen gehen wir als Team in die Nachbereitung des Camps.

Während einige Teamer*innen sich nachmittags um das Abendprogramm und den Grill gekümmert haben, haben andere Teamer*innen sich mit den Jugendlichen zu einer Wasserballschlacht zusammen getan (endlich mal Sonne Ö-) oder die Teens haben sich mit ihren neu gewonnen Freund*innen beschäftigt. Gemeinsam spielen, fröhlich lachen, sich Geschichten von zu Hause erzählen – und dabei auch mal über Mama oder Papa „schimpfen“ – und einfach so sein wie man zu Hause sein kann, aber in einer anderen Umgebung. Wo gibt es das schon?

Nach dem Abendessen fanden sich alle im Raum „Koda-Kamin“ ein, um den Abschlussabend einzuläuten. Das Abendprogramm ist an die Samstagabende der Coda-Wochenenden angelehnt. An diesem Abend nämlich können Dinge, die während des Camps erstellt wurden, gezeigt bzw. vorgeführt werden.

Ein im Worlshop selbst geschriebes und komponiertes Coda-Lied wurde von den beteiligten Kodas mutig vorgetragen. Viele Jugendliche, aber auf jeden Fall die Teamer*innen waren sehr berührt.

Alle Kodas wurden ermuntert, gerne spontan etwas beizutragen, doch in diesem Jahr war die Schüchternheit (noch) zu groß – absolut ok. Deshalb haben einige erwachsene Codas lustige Geschichten aus ihrem Leben mit den gehörlosen Eltern erzählt. Anschließend hat eine Teamerin noch ein deutsches Lied gebärdensprachlich vorgetragen.

Nach diesem „offiziellen Teil“ wurde ausgelassen getanzt und der Grill war fürs Essen bereit.

Der letzte Abend mit Lagerfeuer. Schön. Und immer wieder sehr emotional, weil am nächsten Tag der Abschied folgt.

Abreise

Nun ist der Tag der Rückkehr angebrochen. Knapp eine Woche haben sich 59 Kinder tauber Eltern an einem Ort zusammengefunden und trotz des miesen Wetters mitten im Hochsommer das Beste für sich draus gemacht.

Ein Ziel des Camps ist es auch, den Jugendlichen die Moglichkeit zu geben, Freundschaften mit anderen Kodas zu schließen, die auch über das Camp hinausgehen. So kann man sich im regulären Alltag bei Ärger oder sich nicht verstanden fühlen mit der Koda-Freundin chatten oder man fährt zu einem Koda-Freund und feiert dort z.B. Silvester. Kontakte aus der eigenen Peer-Gruppe zu finden und daraus Freundschaften zu schließen ist für K/Codas in der Regel selten möglich.

Der Vormittag des letzten Tages ist der großen Abschlussrunde gewidmet. In dieser Runde wird das Siegeszimmer der Zimmer-Olympiade verkündet: Zimmer, die während der Woche durch die Teaminspektion auf u. a. Sauberkeit, Frischluft und Bodenfreiheit geprüft werden. Viele Jugendliche empfanden dies als streng, die Eltern lobten uns im Nachgang für diese Maßnahme, die eigentlich vielen Beteiligten Spaß macht. Ein bisschen disziplinierte „alte Schule“, die die Teamer*innen von den Erzählungen der Eltern kennen.

Der Vormittag verflog schnell. Viele Koffer wurden noch gepackt, letzte Nummern ausgetauscht, viel umarmt und schon bald kamen die ersten Eltern, um ihre Kinder abzuholen. Andere Jugendliche, die mit dem Zug angereist waren, wurden mit dem Bus zum Bahnhof gebracht.

Fast allen Eltern konnten wir Kodas „zurückgeben“, die eine schöne Woche erlebt haben und die deshalb im Jahr 2024 unbedingt wieder dabei sein wollen. Wir als Team freuen uns über jede*n einzelne*n Koda für eine weitere schöne Camp-Woche in Asbach – mit schönerem Wetter, bitte, ja!?

Unser Video zum Camp